Dr. Severin Frenzel ist der neue Stationsleiter der Deutschen Seemannsmission (DSM) in Rotterdam (NL). Zusammen mit Alina Jacobs, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in Rotterdam absolviert, besuchte er im August die Station der Deutschen Seemannsmission in Bremerhaven.
«Besonders spannend in Bremerhaven war für mich die Kombination aus Seemannshotel, Seemannsclub und Bordbesuchsdienst» sagt Frenzel rückblickend nach einer Woche Hospitation in der Station der DSM Bremerhaven.
«Ich war sehr gespannt darauf, wie die Kolleginnen und Kollegen in Bremerhaven die Arbeit in diesen drei unterschiedlichen Bereichen organisieren, wie die Organisation im Team funktioniert. Und natürlich freute ich mich auf die Begegnungen mit Seeleuten. Während der Zeit logierten wir selbst im Seemannshotel und bekamen gleich den doppelten Einblick – als Mitarbeitende sowie als Gäste.»
Das Seemannshotel ist wesentlich mehr als nur eine Unterkunft für Seeleute
«Die größte Überraschung bei all meinen Eindrücken erwartete mich an dem Ort, wo ich sie am wenigsten erwartet hätte – an der Hotelrezeption. Erstaunt stellte ich fest, dass die Hotellobby mitnichten nur ein Ort des Empfangs und Hotelmanagements ist. Die Hotellobby ist viel mehr. Nämlich eigentlich Bremerhavens zweiter Seemannsclub. Tagsüber werden die Seeleute der Kreuzfahrtschiffe mit dem ehrenamtlichen Shuttle-Service hierhergebracht, können in der angenehm kühlen Lobby von ihrer anstrengenden Arbeit etwas entspannen, SIM-Karten oder kleine Artikel des täglichen Bedarfs im Kiosk kaufen wie etwa die beliebten «Boy Bawang»-Snacks. Auch im schönen Garten können sie unter einem Baum im Schatten gemütlich eine kalte Cola oder einen Kaffee trinken. Die Kolleginnen und Kollegen an der Rezeption zeigten sich in beeindruckender Weise als absolute Allrounder: Gleichzeitig wurden am Telefon Hotelbuchungen entgegengenommen, SIM-Karten online aufgeladen, Schlüssel an Hotelgäste herausgegeben und Alina und ich sowie eine neue FSJ lerin von Bremerhaven mit Informationen versorgt, wie welche Aufgabe erledigt werden muss. Die Gespräche mit den Seeleuten, die sich sichtlich wohl fühlten und gerne da waren, fanden zudem auch noch ihren Platz.»
Seeleute fern der Heimat im Club Wellcome zuhause
«In den Abendstunden besuchte ich den Club. Er liegt so zentral am Hafen, dass er von den Seeleuten sehr gut erreichbar ist. Clubleitung Thomas Reinold zeigte mir den Club und erzählte mir etwas über die Crews, die den Club besuchen und auch die Arbeitsorganisation. Die Stimmung war ausgelassen und die Seeleute genossen im gut besuchten Club ihren Feierabend. Eine chinesische Crew eines Schiffs, das etwas länger in Bremerhaven liegt, spielte wettkampfmäßig Basketball. Die Seeleute waren in dem Moment ganz in ihr Spiel vertieft. Mir schien, die Arbeit an Bord mit ihren täglichen Herausforderungen war in diesen glücklichen Momenten gänzlich vergessen. Andere hörte man beim Billard lachen, wieder andere chillten bei einem kühlen Getränk und unterhielten sich mit einer Praktikantin und mit einem Freiwilligen an der Bar. Der Club, das gefiel mir ganz besonders, fügt sich sehr gut in die Infrastruktur des Hafens. Kein langer Anfahrtsweg und kein aufwändiger Prozess am Gate verkomplizieren den Besuch und ein Pick-Up-Service kann ebenfalls in Anspruch genommen werden. Eine schöne Idee ist auch die Möglichkeit, dass Seeleute Fahrräder im Club ausleihen können. So erzählten mir einige Seeleute, von ihrem Ausflug mit dem Fahrrad in die Stadt. Als ich kurz vor Schluss die letzte Runde ankündigte, sagten die chinesischen Seeleute, die Zeit sei zu schnell vergangen, aber sie kämen morgen wieder.»
Schau, das ist meine Enkelin!
Mit Diakonin Christine Freytag und anderntags mit Seemannspastor Uwe Baumhauer machte ich Bordbesuche. Meine Vorstellungen vom Hafen Bremerhavens waren: Es ist wahrscheinlich alles recht überschaubar. So wie ich es mir vorstellte, war es dann aber doch nicht so ganz – denn dieser Hafen könnte auch ein Teil Rotterdams sein. Die Terminals waren nicht unbedingt kleiner, es waren einfach nur von der Menge her weniger. Wir waren auf unterschiedlichen Terminals, besuchten Roll-On-Roll-Off-Schiffe, Containerschiffe und Arbeitsschiffe. Seeleute erzählten von ihren Familien, ein Seemann zeigte uns Fotos seiner Enkelin. Neben der Freude, dass er sie bald wieder sieht, war auch ein Moment der Traurigkeit spürbar, über die langen Abwesenheiten von der geliebten Familie.
Unser Besuch in Bremerhaven war ein schöner und sehr spannender Aufenthalt mit Einblicken in die Arbeit, die für mich sehr wertvoll sind. Ich möchte mich herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen für die Gastfreundschaft bedanken.»
(Severin Frenzel)